Es gibt viele Märchen, Sagen und Legenden über die Entstehung der Erde. Viele Völker beschreiben ihr Werden durch Götter. Wie es aber so ist, entstand die Erde nie wirklich an einem einzigen Tag. Daher darf mit Recht bezweifelt werden, das der jeweilige verantwortliche Gestalter, wer immer es auch gewesen sein mag, ohne Helfer gehandelt hat. Schon alleine die logistischen Probleme eine derartige Fülle verschiedenster Materialien zusammenzutragen, bedarf einer überaus genauen Planung. Hierfür wird wohl ein Team fähiger Spezialisten zuständig gewesen sein.
Beispielsweise die unterschiedlichen Formgebungen und
Schattierungen von Grün, die es auf der Erde gibt, alleine mit einem
Fingerschnippen zu erklären ist natürlich leicht, aber doch etwas
unzureichend. Vielmehr muß man wahrscheinlich von folgendem Bild ausgehen:
Ein langer, einfacher Tisch, dahinter eine nette Gestalt mit einem Sack.
Auf diesem Sack steht in goldenen Lettern die Aufschrift
Weltengrün". Vor dem Tisch eine Schlange erwartungsvoll blickender,
knorriger oder feinästiger Bäume. Einige scharren ungeduldig mit
den Wurzeln kleine Striche in den Boden der Abteilung für offizielle
Ausgabe von Weltengrün an die Spezies Baum. Andere verdrücken sich
heimlich, um in einem anderen Raum vielleicht eine andere Farbe für
ihre Blätter ergattern zu können. Mit einer etwas linkischen Geste
nimmt die nette Gestalt das Schild mit der Aufschrift
nur heute bis die Sonne entsteht (Bitte etwas Geduld) |
vom Tisch und bedient den ersten Kunden. Großzügig, wie man als nette Gestalt zu sein hat, greift sie in den großen Sack und verteilt fachmännisch das Weltengrün auf die Krone des ersten Kandidaten. Dankend verabschiedet sich dieser und begibt sich auf die Erde, um seine Wurzeln tief in den Boden zu stecken und um nach der Hektik seiner eigenen Geburt etwas Ruhe zu finden.
Baum für Baum bekommt so sein Grün und die nette Gestalt bemüht sich immer andere Formen zu kneten und jedem Baum anderes Laub zu geben. Der große Sack wird immer leerer und leerer und immer mehr Bäume bevölkern die Erde. Als der Sack nur noch zur Hälfte gefüllt ist, geht die nette Gestalt dazu über Nadeln zu formen und sie an die Bäume zu heften. Da jedoch nur noch sehr wenig Grün im Sack ist, nimmt die nette Gestalt jedem Baum das Versprechen ab besonders gut auf sein neues Kleid aufzupassen und es nicht zu verlieren. So kommen auch noch die letzten Bäume in der Schlange an ein schönes grünes Kleid. Nachdem alle Bäume bedient sind und sich ein schönes Plätzchen gesucht haben will die nette Gestalt ihren Laden dicht machen, um die Feierabendparty in der Abteilung für Berggestaltung nicht zu verpassen.
Da kommt noch ein Baum um die Ecke geflitzt. Die Leute von der Kronenformung haben seine Äste besonders schmal gemacht und kleine Knubbel auf die Zweige gesetzt. Das hat natürlich einige Zeit gedauert, und so kommt dieser Baum viel zu spät zur Ausgabe des Weltengrün. Natürlich ist der Sack schon fast leer und so sehr sich die nette Gestalt auch anstrengt, nur noch ganz wenig Grün ist herauszuholen. Die nette Gestalt formt dünne Nadeln und setzt diese an die Knubbel der Zweige. Doch damit ist der Baum keineswegs zufrieden, denn die Mitarbeiter der statistischen Abteilung haben ihm viel mehr Grün versprochen.
Eine wortreiche Auseinandersetzung beginnt in deren Verlauf die nette Gestalt dazu übergeht überhaupt nicht mehr so nett zu sein. Der letzte Baum, was soll man sagen, es ist tatsächlich die Lärche, regt sich so dermaßen auf, das sie alles Grün wieder verliert, darüber hinaus läuft sie vor lauter Wut rot an. Dann rafft sie ihr bischen Grün zusammen und verschwindet schreiend und keifend auf die Erde. Bis zum heutigen Tag ist es so geblieben. Die Lärche bekommt ihr Grün im Frühling und regt sich das Jahr über so auf, das sie dieses im Herbst wieder verliert.
Und wer das nicht glauben will, der soll mir eine bessere Erklärung geben.
Tolja Mack
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